1986: Karl Horak
1988: Uli Stahl
1990: Walter Kögler
1992: Tanzarchiv Leipzig
2002: Reinhold Fink
2005: Gertrud "Gerti" Nagel
2010: Jürgen Hohl
2013: Peter Stoll
2015: Manfred Stingel
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Karl
Horak (1908 - 1992)
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Umrahmt von einem Festgottesdienst, der Aufführung des Überlinger
Schwerttanzes und dem Überlinger Volkstanzfest wurde am 6. Januar
1986 der erste Medaillenträger Karl Horak mit der »Kurt-Wager-Medaille
für besondere Verdienste um den Volkstanz« ausgezeichnet.
Unstreitbar war Professor Karl Horak einer der bedeutendsten Volkstanzforscher
schlechthin. Aber auch der Volksmusik, dem Volkslied und dem Volksschauspiel
gegenüber war er immer forschend tätig gewesen. Von vielen
Seiten waren ihm zahlreiche Ehrungen zuteil geworden. Die Ehrung mit
der Kurt-Wager-Medaille war insofern etwas besonderes, als dass Karl
Horak der allererste Volkstanzlehrer von Kurt Wager selbst gewesen
war, seine ersten Schritte lernte Wager von ihm. Die Wege der beiden
Männer kreuzten sich vielfach. Wager lernte nicht nur das Tanzen
selbst von Horak, sondern in erster Linie erfuhr er durch intensive
Kontakte mit Karl Horak wie Forschung und deren Ergebnisse erfolgreich
in die Tanzpraxis umgesetzt werden konnten.
Mit seiner Frau Gretel arbeitete Horak auch in seiner Forschungsarbeit
stets eng zusammen, so machten sie viele Reisen vor allem auch nach
Osteuropa, um die dortigen Tänze und Bräuche zu erfassen
und wissenschaftlich zu bearbeiten. Besonders am Herzen lag ihm offensichtlich
die Kultur der Sprachinseln. Seine »Burgenländischen Volkstänze«,
»Volkstänze aus Tirol«, »Volkstänze aus
der schwäbischen Türkei« und »Volkstänze
der Deutschen in Mittelpolen« (alle in der Bärenreiter-Reihe
»Deutsche Volkstänze« von 1931-36 erschienen) sind
auch heute noch richtungsweisend für den glücklichen Einsatz
wissenschaftlicher Erkenntisse in der Volkstanzpflege. Neben diesen
Sammlungen und verschiedenen Publikationen über Tiroler Volkstänze
stehen seine kritischen und historisch-analytischen Studien über
den » Volkstanz in der Umbgebung von Wien 1930« (1973),
über den Volkstanz im kleinen Walsertal (1954), Über den
Schuhplatter in Tirol (1961und 1980), über den Volkstanz im Burggrafenamt
in Tirol (1963), über Ergebnisse aus dem Ötztal (1974),
über die Darstellung des Tanzes im ADV (=Atlas der deutschen
Volkskunde) (1982 und1984), sein umfangreicher Beitrag über Volkstanz
in Oberösterreich und im Salzkammergut (1983), über die
Zwiefachen (1984). Daneben sind aber Karl Horaks Veröffentlichungen
und Aufsätze über Volkslieder, Volksschauspiele, Kinderspiele
und-lieder noch zahlreicher – ein unermesslicher Schatz, der
von ihm und seiner Frau Gretel entdeckt, erforscht, gesammelt und
meist veröffentlicht worden ist.
In Deutschland hat Karl Horak in der »Deutschen Gesellschaft
für Volkstanz« in der Kommission für Volkslied-, Volksmusik-
und Volkstanzforschung« mitgearbeitet sowie in der »Kommission
für ostdeutsche Volkskunde«, hat viele Beiträge im
»Jahrbuch für ostdeutsche Volkskunde « und in der
»Sänger- und Musikantenzeitung« gebracht. Karl Horak
hat in seinem Werk zahlreiche Grundlagen für die Praktische Arbeit
hinterlassen. Er verstarb am 23. März 1992 im Alter von 84 Jahren
in seinem Österreichischen Wohnort in Schwaz in Tirol.
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Uli
Stahl (geb. 1935)
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1988 erhielt Uli Stahl die Kurt-Wager-Medaille beim 100-jährigen
Jubiläum des Schwäbischen Albvereins. Die erste Bekanntschaft
mit dem Volkstanz machte Uli Stahl 1951, als er seine erste Volkstanzwoche
in der Jugend- und Sportleiterschule in Ruit besuchte. Aus plötzlichem
»Musikantenmangel« wurde Uli Stahl erstmals geradezudazu
»verdonnert«, gemeinsam mit seinem Bruder Gerhard Stahl
zu musizieren. Er hat‘s probiert – und nach kleinen Startschwierigkeiten
hat‘s auch tadellos geklappt. Nach und nach übernahm Uli
Stahl den Platz von Kurt Fehrle in der Kapelle Fehrle-Pfander. Alfred
Pfander und er waren bald die gefragtesten Spielleute im Ländle
und darüber hinaus. Er wurde bald schon für Kurt Wager bei
Volkstanzfesten und Veranstaltungen aller Art unverzichtbar geworden
zu seinem »Leib- und Hofmusikanten«, wie er ihn vorzustellen
pflegte.
1968 kamen drei Musikanten aus dem Neuffener Musikverein hinzu, die
bald zur Stammbesetzung gehörten: Mit Klarinette, Trompete, Posaune
und Akkordeon war eine optimale Besetzung gefunden. Immer wieder fand
Uli Stahl neue Musiker, die sich für seine Kapelle begeistern
konnten. Heute sind Uli Stahl und seine Musikanten zu einem weltweit
bekannten Begriff gewachsen. Er hat mit seiner Musik immer dem Tanz
gedient, nicht umgekehrt. Nur so konnte die Einheit und Harmonie zwischen
Musik und Tanz erst lebensfähig werden.
Bei Tanzleitern ist Uli Stahl nicht umsonst ein geliebter Musikant:
Er macht die Zusammenarbeit einfach. Blicke genügen oft, um Uli
Stahl wissen zu lassen, wie gespielt werden soll. Von der ersten bis
zum letzten Takt in voller Konzentration, egal ob er das betreffende
Stück nun zum ersten oder zum hundertsten Mal an ein und dem
selben Abend spielen muss.
Heute umfassen Uli Stahls Notenhefte weit über 700 Tänze,
darunter zahlreiche selbstgeschriebene Tanzstücke. Eine ganze
Volkstanzgeschichte hat Uli Stahl in seinen Notenheften niedergeschrieben.
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Walter
Kögler (1929 - 2007)
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Am 6. Januar 1990 wurde der Verleger Walter Kögler mit der Kurt-Wager-Medaille
ausgezeichnet, überreicht von Arnold Bökel, 2. Vorsitzender
des DBT.
Seine erste Begegnung mit dem Volkstanz und gleichzeitig auch mit
Kurt Wager selbst erfuhr Walter Kögler 1947 eher zufällig;
er wurde von einer Klassenkameradin auf dem Weg zu einem Englischkurs
zu einem Treffen des Stuttgarter Spielkreises »entführt«.
Am Tanzen fand er gefallen und eignete sich nach und nach umfangreiche
Kenntnisse an und leitete schon bald selbst Tanzkurse. Die Tanzmusik
besaß für Walter Kögler jedoch eine besondere Faszination
und Bedeutung. Es gab zwar Volkstanzmusiker, jedoch zu wenige, die
wiederum sehr gefragt waren. Als er von Kurt Wager einmal ein paar
der damals seltenen und nur rudimentär verfügbaren Schallplatten
ausgeliehen hatte, passierte ein Unglück: ein kleiner Unfall
mit dem Motorrad und die kostbaren Platten waren zu Bruch gegangen.
Er setzte alles daran, die zerbrochenen Platten zu ersetzen und auf
Umwegen schaffte er dies auch: Dies war der Beginn von Walter Köglers
Verlagsgeschäft.
Der gelernte Elektrotechniker bastelte eigenhändig Plattenspieler
und Tonbandgerät und machte mit diesen die ersten Aufnahmen von
Volkstanzmusiken, um den Tanzgruppen die Probenabende zu erleichtern,
denn nur selten war Live-Musik zu haben. Bald hatte Walter Kögler
sich unter der Bezeichnung: »Elektrotechnik, Elektroakustik,
Elektro-, Radio- und Tonbandgeräte« selbständig gemacht.
So konnten auch Tonträger importiert werden. Das sehr große
Interesse an diesen Tonträgern ermutigte ihn dann, das Geschäft
professionell zu betreiben, und bald wurde aus dem Nebengeschäft
das Hauptgeschäft.
Ein weiterer Ausbau des Schallplattengeschäfts, Lizenzpressungen,
erstmalige Tanzbeschreibugen von Walter Kögler selbst auf den
Plattenhüllen und der stufenlos regulierbare Plattenspieler ließen
den inzwischen umbenannten Walter-Kögler-Verlag für die
Szene unverzichtbar werden. Das Buch »Fachausdrücke zum
Volkstanz«, herausgegeben in Zusammenarbeit mit dem ATB (Arbeitskreis
für Tanz im Bundesgebiet) wurde herausgebracht. Hier waren die
verschiedenen Bezeichnungen von Bewegungsabläufen, Fassungen,
Schritten und vielen anderen Ausdrücken auf jeweils eine Bezeichnung
zurückgeführt und zusammengefasst worden. Neben dem Verlagsgeschäft
war Walter Kögler stets sowohl lehrend als auch lernend in Sachen
Volkstanz unterwegs, im Inland genauso wie im Ausland.
Das Engagement des Walter Kögler hat für den Volkstanz Welten
bewegt: Das Üben für die Gruppe wäre ohne seine Platten
um ein vielfaches schwieriger. Walter Kögler beseitigte die Hürde
der oftmals fehlenden Live-Begleitung der Tänzer. Ohne seine
Initiative wäre das Repertoire der meisten Volkstanzgruppen um
ein vielfaches geringer, ja, oftmals wären die Gruppen gar nicht
erst entstanden. Die Arbeit der Volkstänzer in Deutschland und
auch der Verbände wäre erheblich schwerer gewesen.
http://www.tanz-koegler.de
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Tanzarchiv Leipzig
Mit dem Tanzarchiv Leipzig erhielt am 2. Mai 1992 erstmals nicht eine
Persönlichkeit, sondern eine Institution die Kurt-Wager-Medaille
für besondere Verdienste um den Volkstanz. Vor allem die Pionierarbeit,
die Dr. Kurt Petermann, der Gründer des Tanzarchives geleistet
hat, verdient besondere Würdigung. Das von ihm 1957 am Institut
für Volkskundeforschung in Leipzig gegründete deutsche Volkstanzarchiv
entwickelte sich in den 60er Jahren zur zentralen Dokumentationsstelle
für alle Gebiete der Tanzkunst und wurde 1975 als »Tanzarchiv«
in der Akademie der Künste der DDR angegliedert. Unter seiner
Leitung ist das Tanzarchiv zu einer Institution von internationaler
Bedeutung geworden, mit der Fachleute aus allen europäischen
Staaten und den USA regen Austausch pflegen. Das Tanzarchiv Leipzig
ist nach Dr. Petermann »eine der wenigen Sammelstätten
der Welt, das sich nicht nur dem Gesamtphänomen Tanz komplex
zuwendet, sondern das von wertvollen choreologischen Werken und ihrer
Interpretation durch eigene Filmaufnahmen authentische Aufführungsdokumentationen
herstellt«. Wesentlich zu kämpfen hatte das Tanzarchiv
Leipzig mit allen seinen Mitarbeitern vor allem unter den Devisenbeschaffungs-
und Reisebeschränkungen zu DDR-Zeiten. Ohne die Phantasie und
Energie eines Kurt Petermann und seiner Mitstreiter wäre das
Tanzarchiv Leipzig unter den herrschenden Bedingungen aber sicherlich
nicht zu dem geworden, was es heute ist. Trotz aller Beschränkungen
konnten Kontakte zum Westen gepflegt werden.
Mit der lange ersehnten Wende kamen dann aber auch Schwierigkeiten
auf das Tanzarchiv Leipzig zu. Es musste um den weiteren Fortbestand
der Institution gebangt werden, denn vor allem auch kulturelle Einrichtungen
mussten schwere finanzielle Kürzungen hinnehmen.
Zahlreiche Menschen haben aber ihre Energie in das Tanzarchiv Leipzig
gesteckt und seinen Fortbestand gesichert. Besonders natürlich
sind hier Dr. Kurt Petermann zu nennen und natürlich Monika Schneider,
die das Lebenswerk Kurt Petermanns als Leiterin des Tanzarchivs Leipzig
nach seinem Tod auch weiterhin fortbestehen ließ und bis vor
kurzem die Geschäftsführerstelle innehatte.
Die Verleihung der Kurt-Wager-Medaille für Verdienste um den
Volkstanz war in der Vergangenheit ein wichtiger Beitrag zum Erhalt
des Tanzarchivs überhaupt. Inzwischen ist das Tanzarchiv ins
Haus des Buches umgezogen. Die Leitung obliegt den beiden Hochschullehrerinnen
Dr. Claudia Jeschke und Dr. Ilsedore Reinsberg. Am 1. April 2000 übernahm
Dr. Janine Schulze die Geschäftsführung von Monika Schneider
als diese in den Ruhestand ging.
http://www.tanzarchiv-leipzig.de
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Reinhold
Fink (1937 - 2008)
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Manfred Stingel, Vorsitzender des Kulturrates
des Schwäbischen Albvereins, am 31. August 2002:
"Meine Damen und Herren, wir haben jetzt einen besonders schönen
Programmpunkt.
Ich muß dazu einiges erklären. Einige von den hier Anwesenden
werden sich noch an Kurt Wager erinnern. Er war ein großer
Volkstanzlehrer, dem die Volkstanzbewegung in Baden Württemberg
sehr viel verdankt.
Nach seinem Tod haben wir die Kurt Wager Medaille ins Leben gerufen.
Die Kurt Wager Medaille ist eine sehr hohe Auszeichnung und wird
nur alle paar Jahre an sehr verdiente Volkstanzschaffende verliehen.
Bisher wurde die Kurt Wager Medaille 4 mal verliehen. 1986 an den
Volkstanzforscher Professor Karl Horak,
1988 an unseren großen Musikanten Uli Stahl, 1990 an Walter
Kögler dessen Tonträger alle brauchen und 1992 an das
Deutsche Tanzarchiv in Leipzig.
Durch den Kauf der Volkstanzberatungsstelle ist die Kurt Wager Medaille
nun in die Hände des Kulturrates des Schwäbischen Albvereines
gelangt. Heute Abend, also nach 10 Jahren Pause wollen wir die Kurt
Wager Medaille wieder vergeben. Noch ein paar Sätze zum Warum.
Der Schwäbische Albverein ist mit 120.000 Mitgliedern unser
größter Heimatverein. Der Kulturrat will die kulturellen
Arbeit in den 579 Ortsvereinen weiterentwickeln und damit auch ein
bißchen der darbenden Heimatkultur weiterhelfen. Wenn man
im Namen von 120.000 Mitgliedern eine Ehrung vergibt, so ist das
schon etwas besonderes. Wir haben in diesem Jahr auf der Burg Teck
für Verdienste um die Mundart die Sebastian Sailer Medaille
an Helmut Pfisterer, den großen Schriftsteller und Mundartschaffenden
übergeben.
Heute Abend wollen wir nun die Kurt Wager Medaille an einen ebenso
verdienten Volkstänzer übergeben. Die Medaille wurde neu
gestaltet, ist aus massivem Silber.
Was besonders schön ist, der Kulturrat des Schwäbische
Albvereins übergibt mit der Kurt Wager Medaille auch einen
deutlichen Geldbetrag. Der zu Ehrende hat neben seiner überregionalen
Arbeit auch viele Jahre hier in Neckartailfingen gearbeitet.
Ich möchte deshalb Gerd Rieker bitten die Laudatio zu halten."
Gerd Rieker:
"Vor einiger Zeit wurde ich gebeten, heute Abend über
einen Mann zureden, mit dem ich seit vielen Jahrzehnten freundschaftlich
verbunden bin. Viele von Ihnen oder von euch könnten dies ebenso
tun, denn Sie kennen ihn genau so lange, noch länger oder vielleicht
sogar intensiver als ich. Deshalb freut es mich, dass gerade ich,
jetzt, über Reinhold Fink reden darf. I derf sozusaga ganz
offiziell übern schwätza.
Seine große Leidenschaft ist der Volkstanz. Nicht was in Schauproduktionen
daraus gemacht wird, nein, dem traditionellen, überlieferten,
aufgezeichneten Tanz aus vergangenen Epochen gehört seine ganze
Aufmerksamkeit. Dazu gehört nicht nur die zeitliche Ausdehnung,
sondern auch die inhaltliche Dimension. Ihn interessieren die bäuerlichen
Tänze ebenso wie die Tanzformen der Stände und Zünfte,
die Moderichtungen der höfischen, adeligen Gesellschaft gehören
genauso dazu wie die Tänze des einfachen Volkes, die oftmals
ein Abklatsch der vermeintlich Besseren, Höhergestellten waren.
Reinhold Fink war immer schon der Auffassung: "Jede Zeit hat
ihren Tanz und bestimmte Tänze gehören zu den entsprechenden
Zeiterscheinungen". Ich kann mich noch gut daran erinnern,
wie er in den 60-Jahren zu mir sagte: "Irgend wann ist der
Rock’n’Roll ein Volkstanz nach unserer Definition und
die Nietenhose und der Pedicoat, die dazugehörige Tracht".
Wie gesagt, dem Tanz hat sich Reinhold Fink verschrieben, jedoch
war im immer klar, dass zu jeder Tanzform auch die Musik, die Lebensform,
die Kleidung und die jeweiligen äußeren Umstände
wie Verordnungen, Gebote und Verbote dazu gehören.
In unserer heutigen, sogenannten globalisierten Zeit, ist es nicht
verwunderlich, dass viele Menschen sich an Folkloristischem ausrichten,
dass sie Identität suchen, wie das früher nur bei Emigrantengruppen
zu finden war. Reinhold Fink jedoch, hat sich zusammen und sicher
auch beeinflusst von Kurt Wager schon in den 50-er Jahren mit dem
Volkstanz befasst. In einer Zeit also, in der die meisten Deutschen,
nach dem leider überstrapazierten und ausgenützten Deutschtums
der Nationalsozialisten des dritten Reiches, nichts mehr damit zu
tun haben wollten. Die Volkstänzerinnen und Volkstänzer
dieser Zeit wurden oft als die ewig gestrigen dargestellt. Selbst
ich habe dies, als ich Mitte der 60-er Jahre zum Volkstanz kam,
erfahren. Auch die nach dem Kriege entstandenen Vertriebenenverbände
wurden häufig in diese Ecke gestellt, obwohl die überwiegende
Zahl der Mitglieder sich einfach ein Stück alte Heimat bewahren
wollten.
Nun zu Reinhold Fink. Viele von Ihnen/von euch wären wahrscheinlich
heute nicht hier, wenn er nicht gewesen wäre. Unzählige
junge Mädchen und Burschen haben bei Reinhold das Volkstanzen
gelernt, haben sich seinen Rat eingeholt, haben ihn um Hilfe gebeten,
wenn mal wieder was schief lief oder haben sich gar zur qualifizierten
Tanzleiterin oder zum Tanzleiter ausbilden lassen. Schon seit 1968
war Reinhold Fink Fachwart für Volkstanz in der Arbeitsgemeinschaft
der Sing-, Tanz- und Spielkreise in Baden-Württemberg, kurz
in der AG. Von Kurt Wager hat er auch für den Schwäbischen
Albverein die Leitung der Volkstanzlehrgänge in dieser Zeit
übernommen. Die Volkstanzwochen wurden durch ihn sozusagen
zum "Renner". Selbst beim badischen Bund Heimat- und Volksleben
hatte der Schwabe Reinhold Fink für den Bereich Volkstanz ein
großes Gewicht, war zeitweise auch dort der Fachwart für
Volkstanz und über viele Jahre der Tanzleiter und später
sogar Vizepräsident der Heimatzunft Hüfingen. Und nun
komme ich zu einer besonderen Eigenschaft von ihm: Er stand immer
für Verlässlichkeit seiner Arbeit. Dabei war es ihm gleich
ob es sich um einen Bundes- oder Landesverband oder um die Jugendgruppe
auf der Alb, im Gäu, im Schwarzwald, im Hohenlohischen oder
sonst wo handelte. Wenn er gebraucht wurde, war er da. So einfach
kann das sein, scheinbar.
Wir hier vom Schwäbischen Albverein in Neckartailfingen haben
davon ebenso profitiert. 1964, also zwei Jahre nach der Gründung
der Jugend- und Volkstanzgruppe, hat Reinhold Fink, nur so Aushilfsweise,
über viele Jahrzehnte die Gruppe geleitet. Für vieles,
was wir heute noch tun und unternehmen hat er den Grundstein gelegt.
So zum Beispiel zum Neckartailfinger Offenen Volkstanzen, das er
vor 34 Jahren ins Leben rief oder - aktuell heute Abend zu sehen
- zu der langjährigen Freundschaft zur schwedischen Gruppe
aus Örkelljunga und zur Trachtengruppe der Heimatzunft Hüfingen.
Seine Verbindungen zu Gruppen in Ost und West in Nord und Süd,
im Inland und im Ausland haben uns hier in Neckartailfingen und
vielen anderen auch geholfen.
Dafür möchten wir uns bei dir lieber Reinhold ganz besonders
herzlich bedanken.
Viele Ehrungen hast du verdientermaßen schon erhalten. Ehrenzeichen
in Silber und Gold von den Verbänden in denen du tätig
warst und noch bist. Du hast die "Medaille für Verdienste
um die Heimat Baden-Württemberg" erhalten und du bist
Träger der "Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg
für ehrenamtliche Tätigkeit". Wir hier vom Schwäbischen
Albverein möchten dir heute als Dankeschön für die
vielfältigen Verdienste um den Volkstanz in allen seinen Bereichen
und im Namen aller Tänzerinnen und Tänzer, Musikerinnen
und Musiker egal in welchen Organisationen sie beheimatet sind,
zur Erinnerung die Kurt-Wager-Gedächtnismedaille überreichen."
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Gertrud "Gerti" Nagel (geb. 1938)
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Gerti Nagel prägte die Pflege des Volkstanzes im Schwäbischen Albverein.
Die von ihr 1981 gegründete Volkstanzgruppe Gerstetten leitet sie noch heute,
etliche weitere Tanzgruppen auf der Ostalb rief sie ins Leben. Sie kümmert sich
um viele heimatpflegerische Anliegen und ist Gründungsmitglied des Kulturrats
im Schwäbischen Albverein. Mit ihrer aktiven Art steckte sie als Referentin
auch ungezählte Lehrgangs-Teilnehmer mit ihrer Begeisterung für den Volkstanz an.
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Jürgen Hohl (geb. 1944) |
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Jürgen Hohl wird gerne als der süddeutsche Trachten-Papst
tituliert. Seine Faszination für vor allem barocke Trachten entwickelte
er schon als Jugendlicher. Seine handwerklichen und ästhetischen
Grundlagen schuf er sich in Ausbildungen als Modist in der
mütterlichen Werkstatt, als Dekorateur, Frisör und Florist. In
den 1970er-Jahren gründete er sein "Atelier für textiles
Gestalten" und wirkt seither als freiberuflicher Textilrestaurator
und Dekorateur, heute mit Sitz in Weingarten.
Besonders in Oberschwaben verhalf er mit seiner Arbeit und seiner
Beratung unzähligen Trachten-, Fasnets- und nicht zuletzt
Volkstanzgruppen zum passenden Häs. Seine Detailgenauigkeit, seine
intensive Herangehensweise und sein in Fachartikeln und Lehrgängen
vermitteltes Expertentum entfalteten jedoch weit über diese Region
hinaus eine gewaltige Wirkung, sodass sich heute viele Trachtengruppen
in ganz Baden-Württemberg auf ihn berufen. Einem großen
Publikum wurde Jürgen Hohl als Co-Kommentator von
Brauchtumsveranstaltungen im SWR-Fernsehen und durch seinen Auftritt in
dem Dokumentarfilm "Die Blutritter" bekannt. Seine Sammlungen
sind in mehreren Museen öffentlich zugänglich.
Manfred Stingel, Vorsitzender des Kulturrats im Schwäbischen
Albverein, bemerkte in seiner Laudatio bei der Preisverleihung ¨ber
Jürgen Hohl: "Man sieht seine Handschrift überall. Aber
im positiven, eigenständigen Sinn. Ich denke, es gibt niemanden,
der mehr über Trachten und Trachtenhauben weiß."
http://www.atelier-hohl.de/
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Peter Stoll (geb. 1931) |
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Ein Bild mit Symbolkraft: Im Rahmen eines Festaktes in Ulm, mit dem der Albverein
das Jahr seines 125. Jubiläums eröffnete, erhielt Peter Stoll die Kurt-Wager-Medaille.
Die Feier zum Hundertjährigen hatte 25 Jahre zuvor den Startschuss zu einer Stärkung
der Kulturarbeit im Verein markiert, für die Stoll entscheidende Weichen gestellt hatte.
Allgemein gilt es als Stolls großer Verdienst, den Schwäbischen Albverein zu einem umfassenden
Heimatverein ausgebaut zu haben. Dazu war die Kulturarbeit in seiner Amtszeit als Präsident (1991-2001)
von Beginn an ein Schlüsselbereich, den er gegen manche Widerstände förderte. In seine Amtszeit fiel
die Gründung des Volkstanzrates, des Vorläufers des heutigen Kulturrats. Gemeinsam mit Manfred Stingel
gründete er das Schwäbische Kulturarchiv, das seinen Sitz im Haus der Volkskunst in Balingen-Dürrwangen hat.
Die Kulturpflege ist Peter Stoll eine Herzenssache: Der Tübinger Forstpräsident
ist selber begeisterter Geigenspieler. Und so wandte sich Stingel bei der Preisverleihung an ihn:
„Wir Volkstänzer und Kulturschaffende verehren Sie sehr und danken Ihnen ganz herzlich für Ihre Erkenntnis,
dass die traditionelle Kultur wichtig für den Schwäbischen Albverein ist.“ Der Ehrenpräsident des Albvereins
nahm die Auszeichnung überrascht entgegen und war darüber wie über die stehenden Ovationen im voll
besetzten Saal des Ulmer Stadthauses sichtlich gerührt.
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Manfred Stingel
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Neue Ideen, Visionen, viel Optimismus und die Fähigkeit andere für seine Ziele zu begeistern zeichnet Manfred Stingel aus. Ihm war die Heimatverbundenheit mit gleichzeitiger Öffnung für andere Kulturen, die Geschichte und Kultur in Form von Tanz, Musik und Tracht immer ein wichtiges Anliegen. Wenn er von einer Idee begeistert war, hat er sie mit einer unumstößlichen Ausdauer auch gegen Widerstände verfolgt. Einige wichtige Eckpunkte dieser 50 Jahre: Internationale Jugendbegegnungen hat er seit 1974 in vielfältigster Form mit Menschen und Kulturen aus aller Welt bis heute durchgeführt. So wird die Kultur unseres Landes in alle Welt getragen und begeistert gleichzeitig Jugendliche für diese Arbeit. Der Umbau des ehemaligen Rathauses in Dürrwangen 1980 hat dazu geführt, dass sich Volkstanzgruppen aus dem ganzen Vereinsgebiet des Schwäbischen Albvereins hier treffen können und sich bei Lehrgängen gegenseitig kennenlernten. Die Geschichte des Tanzes 1986 hat vieler Orts das Bewusstsein für die Tanztradition geweckt. Das rauschende Fest beim 100 jährigen Jubiläum in Stuttgart 1988, die vielen großen Bändertänze auf dem Rathausplatz haben ein überragendes Gemeinschaftsgefühl hervorgerufen und führte zur Gründung des Kulturrates. 1992 gründete er das Schwäbische Kulturarchiv. Vieles wurde von Manfred angestoßen und umgesetzt. TJ Projekt, Lehrgänge, Kulturwochen, Dudelsacktreffen, Musikantenlehrgänge um nur einige zu nennen. Seit dem Erwerb des Jetterhauses ist das Kulturzentrum des Schwäbischen Albvereins vortrefflich aufgestellt. Manfred Stingel hat die Idee der Völkerverständigung mit Hilfe des Tanzes in die ganze Welt getragen.
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