Volkstanz erfreut sich ob seines fast unerschöpflichen Formenreichtums
auch heute - losgelöst aus dem ursprünglichen sozialen
Zusammenhang in neuer Funktion - großer Beliebtheit. Wenn
es sich um Tänze aus dem deutschsprachigen Kulturraum handelt,
wird der Begriff Volkstanz verwendet.
Begriffe unterliegen im Laufe der Jahrzehnte einem Wandel. Dazu
gibt es verschiedene Auffassungen. So könnten unter Volkstänzen
die Tänze verstanden werden, die die Menschen, das Volk eben
tanzen. Auch hier liegt ein permanenter Wandel vor. Wir leben in
einer pluralistischen Kultur und so gibt es eben viele Arten multikulturell
zu tanzen. So hat die VolkstanzBeratungsstelle wohl von beiden etwas.
1949 wurde sie im Auftrag baden-württembergischen Kultusministeriums
gegründet, um dies Pflege des Volkstanzens zu verbreiten.
Heute sind die Aufgaben weiter gefächert. Die VolkstanzBeratungsstelle
verfügt heute über ein breites Materialangebot.
Gutes Arbeitsmaterial wie CD´s, Tanzbeschreibungen, Noten
und Notenhefte für Tanzlehrer und Tanzgruppen sind vorhanden.
Man ist bemüht die Wünsche und Anregungen möglichst
kurzfristig zu erfüllen. Vieles kann unter www.volkstanzberatungsstelle.de
selber recherchiert und ausgedruckt werden.
Die VolkstanzBeratungsstelle ist kein Hort für Volkstümliches
oder gar „Blut und Boden-Ideologie“. Dagegen verwehren
sich die Verantwortlichen vehement.
Kurt, Elli und Hartmut Wager
- Gründerpionier, gute Seele
und »das Risiko Wag(end)er«
Die VolkstanzBeratungsstelle - eine Institution, die ihren festen
Platz hat in der deutschsprachigen Volkstanzwelt. Eine Institution,
die im Dienste der Volkstänzer arbeitet und Mittel und Wege
weiß, auf deren Wünsche und Bedürfnisse Antworten
und Lösungen zu finden. Eine Institution, die - zumindest für
Insider - nicht mehr wegzudenken ist. Über ein halbes Jahrhundert
existiert die VolkstanzBeratungsstelle nun schon. Dass sie aber
überhaupt erst gegründet wurde, ist das Verdienst eines
großen Mannes des deutschen Volkstanzes: Kurt Wager. Dieser
Name ist wohl jedem Tanzinteressierten ein Begriff, zumal sich Kurt
Wager auf unzähligen Lehrgängen und den von ihm begründeten
Baden-Württembergischen Volkstanzwochen in die Herzen der Teilnehmer
»getanzt« hatte. Am 28. März 1949 bekam er vom
Kultusministerium den Auftrag, »die Abteilung Jugendpflege
und Volksbildung in Fragen des Volkstanzes zu unterstützen
und zu beraten«. Kurt Wager, der mitunter auch zugleich liebe-
und respektvoll als »Volkstanzpapst« betitelt wurde,
hat diesen Auftrag mit viel Freude, Herzblut und Leidenschaft ausgeführt.
Er hat drei Jahrzehnte lang Volkstanzkreise bei Lehrgängen
und auf Anfragen mit Material versorgt; Material in Form von Notensätzen,
Tanzbeschreibungen, Tonträgern - in Form von allerhand Literatur,
die von den Tanzbegeisterten benötigt wurde. Kurt Wager war
wohl der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Platz, denn
nur durch seinen überaus reichen Wissens- und Erfahrungsschatz
konnte die VolkstanzBeratungsstelle sich zu dem festen Bestandteil
der Tanzwelt entwickeln, den sie heute noch einnimmt. 30 Jahre lang
- bis zu seinem Tod 1979 - führte Kurt Wager die VolkstanzBeratungsstelle
mit ebenso viel Herz wie Verstand.
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Dass hinter
jedem großen Mann eine starke Frau stehen soll, ist allgemein
bekannt. Auch für Kurt Wager traf diese Aussage zu, denn Elli
Wager hatte stets - wenn auch aus dem Hintergrund - die Geschicke
sowohl des Wirkens ihres Gatten als auch die der VolkstanzBeratungsstelle
entscheidend gestützt und unterstützt. So vermochte sie
es auch nach Kurt Wagers Tod, die VolkstanzBeratungsstelle weiterzuführen.
Für eine einzige Person jedoch, so wurde im Laufe der Jahre deutlich,
war diese Aufgabe nicht zu bewältigen. Die Anfragen wurden immer
mehr und im August 1988 stand man kurz vor dem Aus. Hartmut Wager
jedoch, einer der Söhne, wagte den Versuch, die VolkstanzBeratungsstelle
wirtschaftlich auf eine Basis zu stellen, deren Ziel es war, dass
sich die Beratungsstelle in absehbarer Zeit selbst tragen könne.
Es wurde alles darangesetzt, sämtliche verfügbaren Noten,
Tanzbeschreibungen, Bücher, Schallplatten etc. für die VolkstanzBeratungsstelle
zu beschaffen und diese dann natürlich auch zu erschließen.
Auch hieran war Elli Wager noch bis zu ihrem 70. Geburtstag 1994,
den sie zum Stichtag ihres Rückzuges aus der VolkstanzBeratungsstelle
erklärt hatte, maßgeblich und engagiert beteiligt. Es stand
zu diesem Zeitpunkt auch der Umzug von Stuttgart nach Heroldstatt
an. Die VolkstanzBeratungstelle wurde komplett neu organisiert. Lager,
Versand, Verlag, das Deutsche VolkstanzArchiv und die Zeitschriftenproduktion,
vorher an vier verschiedenen Orten verstreut, wurden nun unter einem
Dach zusammengefasst und die Arbeitsbedingungen somit optimiert.
Hartmut Wager
Hartmut Wager modernisierte in den Jahren 1988 bis 2001 die Volkstanzberatungsstelle.
In einem modernen Datenbanksystem wurden die vorhandenen Materialien
erfasst und geordnet. Ein Verkaufs- bzw. Beratungskatalog wurde erstellt.
Unterstützt wurde Hartmut Wager durch Martina Eberhardt sowie
Simone und Volker Pflügner. Zwölf Jahre lang wurden viele
Gruppen bestens beraten und auf vielfältige Weise mit gutem Arbeitsmaterial
versorgt.
Der enorme Zeitaufwand und die großen persönlichen Belastungen
in dieser Zeit können dabei nur erahnt werden. Dies alles ohne
jegliche staatliche Unterstützung. Ohne jeden Zweifel hat durch
die Arbeit der Volkstanzberatungsstelle und durch das Wirken von Martina
und Hartmut Wager sowie Simone und Volker Pflügner die Volkstanzbewegung
in Deutschland starke Impulse erhalten.
Die Hilfe, die vielen Gruppen zuteil wurde, kann nicht hoch genug
bewertet werden. Die Motivation kam bei allen Beteiligten aus der
Liebe zur Sache. Hier wurden über zwölf Jahre lang Aufgaben
übernommen, die in unseren Nachbarländern und eigentlich
in fast allen Kulturnationen ganz selbstverständlich staatlicherseits
übernommen oder zumindest stark gefördert werden.
Auch finanzielle Belastungen brachte der Betrieb der Volkstanzberatungsstelle
mit sich, da Rat zwar gerne in Anspruch genommen, aber leider nicht
vergütet wird. Das die Beteiligten nach zwölf Jahren unermüdlichen
Schaffens andere Lösungen suchten ist nur zu selbstverständlich.
Das Schwäbische Kulturarchiv hat die Volkstanzberatungsstelle
übernommen und wird so gut es geht versuchen, die Beratungstätigkeit
fortzuführen. |