Der Ritter und das Mägdelein

  
Quellen: Deutscher Liederhort (Hrsg.): Ludwig Erk 1856
Aufzeichnung: aus dem Brandenburgischen
Auch bekannt unter:
Anstimmen:
  
1Es spielt ein Ritter mit einer Magd,
sie spielten alle beide,
und als der helle Morgen anbrach,
da fieng sie an zu weinen.
2Weine nicht, weine nicht, brauns Mägdelein,
dein Ehr will ich dir bezahlen,
ich will dir geben den Reitknecht mein,
dazu dreihundert Thaler.
3Den Reitknecht und den mag ich nicht,
ich will den Herren selber,
und wenn ich den Herrn nicht selber krieg,
so geh ich zu meiner Frau Mutter.
4Als sie nun vor die Stadt Augsburg kam,
wol an die lange Brücke,
da sah sie ihre Frau Mutter stehn,
die thät ihr freundlich winken.
5Willkommen, willkommen, liebs Töchterlein,
wie ist es dir ergangen,
daß dir dein Rock von vorne zu klein,
und hinten viel zu lange.
6Und wie es mir ergangen ist,
das darf ich dir wol sagen,
ich hab mit einem jungen Ritter gespielt,
ein Kindlein muß ich tragen.
7Sie nahm das Mägdlein bei der Hand,
und führt sie gleich zu Tische,
sie setzt ihr auf einen Becher Wein,
dazu gebackne Fische.
8Ach Mutter, liebste Mutter mein,
ich kann nicht essen noch trinken,
macht mir ein Bettlein weiß und fein,
daß ich darin kann liegen.
9Und als es kam um Mitternacht,
dem Ritter träumts gar schwere,
als wenn sein herzallerliebster Schatz,
im Kindbett gestorben wäre.
10Steh auf, steh auf, lieb Reitknecht mein,
sattel mir und dir zwei Pferde,
wir wollen reiten Tag und Nacht,
bis wir den Traum erfahren.
11Und als sie über die Heid naus kamn,
hörten sie ein Glöcklein läuten,
ach reicher Gott vom Himmel herab,
was mag doch dies bedeuten.
12Und als sie vor die Stadt Augsburg kamn,
wol vor die hohen Thore,
da brachten sie eine Leiche getragn,
auf einer Totenbahre.
13Setzt ab, setzt ab, ihr Träger mein,
die Leiche will ich beschauen,
es möcht mein Herzallerliebste sein,
mit ihren schwarzbraunen Augen.
14Er deckt ihr auf das Leichentuch,
und sah ihr unter die Augen,
du bist fürwahr mein Schatz gewest,
und hasts nicht wollen glauben.
15Er deckt ihr auf das Leichentuch,
und schaut ihr auf die Hände,
du bist einmal mein Schatz gewest,
nun aber hats ein Ende.
16Er deckt ihr auf das Leichentuch,
und schaut ihr auf die Füße,
du bist einmal mein Schatz gewest,
nun aber schläfst du süße.
17Er zog heraus sein blankes Schwert,
und stach sich in sein Herze,
hast du gelitten Angst und Pein,
so will ich leiden Schmerzen.
18Nun machet mir ein tiefes Grab,
wol zwischen Stein und Mauern,
es soll mein herzallerliebster Schatz,
in meinen Armen verfaulen.
19Man legt den Ritter zu ihr in Sarg,
begrub sie unter die Linden,
es stunde an kein halbes Jahr,
da wuchsen herauf zwei Lilien.
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