Kurt-Wager-
Medaille

 


Der Stuttgarter Kurt Wager (1911-1979) besuchte im Alter von 21 Jahren seinen ersten Volkstanzlehrgang. Volkstanz wurde das Lebensthema des gelernten Werkzeug-machers; 1933 war er der jüngste Dozent an der Stuttgarter Volkshochschule im Fach Volkstanz. Damals arbeitete er bei Daimler-Benz, zunächst in Untertürkheim, später in Berlin-Marienfelde. Dort lernte er in einer Volkstumsgruppe seine spätere Frau Elli kennen, die sich mit derselben Begeisterung dem Volkstanz widmete.

Volkstanz war für Kurt Wager untrennbar mit Heimatpflege, Volkslied, Spiel und Trachten verbunden. Gerade auch junge Leute wusste er zu begeistern mit seiner Fähigkeit, das Brauchtum weiterzugeben, das Generationen vorgelebt hatten. Er konnte motivieren und Zusammenhänge zwischen Bräuchen, Tänzen und Liedern aufzeigen. Sein Weg und sein Kampf für einen reinen Volkstanz, der nicht nur zur Schau, sondern zur Gemeinschafts- und Persönlichkeitsbildung junger Menschen dienen sollte, hat ihn zu dieser im Inneren brennenden Persönlichkeit werden lassen, die nach außen leuchtete, an der sich viele wärmen, einige aber auch die Finger verbrennen konnten.

Seine Lehrgänge waren keineswegs nur dem Tanz gewidmet, sondern vielmehr der Persönlichkeitsfindung, dem gesitteten Umgang miteinander. Jeder, der auf einen Lehrgang Kurt Wagers ging, wusste, dass er ein strenger Lehrmeister sein würde. Viele kamen jedoch gerne wieder.

1947 gründete er den "Stuttgarter Spielkreis", der lange Jahre die Basis seines Wirkens war. 1949 wurde Kurt Wager vom Kultusministerium Baden-Württemberg beauftragt, eine Volkstanzberatungsstelle ins Leben zu rufen, die bis heute besteht und seit 2002 vom Schwäbischen Kulturarchiv im Schwäbischen Albverein weitergeführt wird. Als erste Frucht seiner Arbeit entstand in diesen Jahren das "Volkstanzheft", das als "Grundheft" bezeichnet wurde und auf dem die Volkstanzarbeit gemeinhin aufbaute. Nach und nach erschienen auch Musiksätze zu diesem Heft.

Seine weitgespannte Arbeit und sein großer Idealismus halfen viele Volkstanzgruppen im Schwäbischen Albverein zu gründen. 1952 rief er die Arbeitsgemeinschaft der Sing-, Tanz- und Spielkreise in Baden-Württemberg e. V. ins Leben. Nach anfänglichen fünf Mitgliedsgruppen zählt die AG inzwischen weit über 70 Gruppen und mehrere hundert Einzelmitglieder. Als Vorsitzender, späterer Ehrenvorsitzender und Träger des goldenen Spielkreiszeichens hat er auch hier Geschichte geschrieben.

 
Auch im Ausland wurde Wager bekannt durch viele Fahrten mit dem Stuttgarter Spielkreis. Der Wert des Volkstanzes als Ebene der internationalen Begegnung und Instrument der Friedensbewahrung war eine wichtige Säule der Jugend- und Erwachsenenbildung, wie Kurt Wager sie betrieb.

1963 war er Mitbegründer der Arbeitsgemeinschaft für Heimat- und Volkstumspflege in Baden-Württemberg und deren hauptamtlicher Geschäftsführer. Auf seine Initiative wurden die "Heimattage Baden-Württemberg" ab 1978 zur festen Einrichtung. Soweit es ihm möglich war, hat er neben den vielen tänzerischen Aktivitäten und Verpflichtungen die Forschung nicht vernachlässigt. Vorhandene Quellen arbeitete er auf und schuf neue Aufzeichnungen. In der Volkstanzberatungsstelle machte er Musiksätze sowie Beschreibungen verfügbar.

Außerdem baute Kurt Wager über die Jahre ein umfangreiches Volkstanz-Archiv auf, das eine unglaubliche Fülle an Fachliteratur und Zeitschriften, aber auch Dokumenten wie Seminarplänen, Lehrgangsskripte usw. beinhaltet. Das Kurt-Wager-Volkstanz-archiv ging 2009 an den Schwäbischen Albverein und wird mit dem Schwäbischen Kulturarchiv und der Volkstanzberatungsstelle zusammengeführt.

Mit der "Kurt-Wager-Medaille für besondere Verdienste um den Volkstanz" werden Menschen geehrt, die sich um den Volkstanz verdient gemacht haben, in der Pflege, in der Forschung und in der Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis.

Fünf herausragende Persönlichkeiten des Volkstanzlebens und eine Institution sind bisher ausgezeichnet worden: der Volkstanzforscher Prof. Karl Horak (1986), der Volkstanzmusiker Uli Stahl (1988), der Verleger Walter Kögler (1990), das Deutsche Tanzarchiv Leipzig (1992), Reinhold Fink (2002), Gertrud "Gerti" Nagel (2005), Jürgen Hohl (2010) und Peter Stoll (2013) und Manfred Stingel (2015).
   
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